Syrien-Krieg: So funktionieren die Super-Raketen der Bundeswehr

Bundeswehr steht vor Patriot-Einsatz in der Türkei ++ Anfrage der Türkei an die Nato kommt noch heute ++ EU: Syrisches Oppositionsbündnis „legitimer Vertreter“

Wegen des Bürgerkriegs in Syrien kommt es an der türkisch-syrischen Grenze immer wieder zu Spannungen. Trauriger Höhepunkt: Ein Granaten-Beschuss tötete im Oktober eine türkische Mutter und ihre vier Kinder.

Aus diesem Grund wird die Bundeswehr vermutlich künftig die türkisch-syrische Grenze sichern. Schießen deutsche Soldaten demnächst syrische Kampfflieger ab?

Geplant ist, Flugabwehr-Raketen des Typs Patriot zur Verfügung zu stellen. Sollte es zu dem Einsatz kommen, werden zwei deutsche Patriot-Staffeln an der Grenze stationiert. Truppenstärke: 170 Mann!

WANN BEANTRAGT TÜRKEI MILITÄRHILFE?

Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) rechnet noch am Montag mit einem Antrag der Türkei auf Militärhilfe der Nato. Damit wächst die Wahrscheinlichkeit, dass die Bundeswehr in den Syrien-Krieg hineingezogen wird.

„Ob nun heute eine offizielle Anfrage kommt oder in den nächsten Tagen, das ist nicht vorrangig“, sagte de Maizière. „Es gibt seit einigen Tagen informelle Gespräche über eine solche Anfrage. Wenn sie kommt - und sie kommt nicht ganz überraschend - dann werden wir sie solidarisch prüfen und schnell entscheiden.”

Die Nato hat der Türkei bereits ihre Solidarität zugesichert.

„Die Türkei kann auf die Solidarität der Verbündeten zählen”, sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Montag in Brüssel.

SO FUNKTIONIEREN DIE DEUTSCHEN SUPER-RAKETEN

In der Nato verfügen nur die USA, die Niederlande und Deutschland über „Patriot”-Raketen des modernsten Typs PAC-3 („Patriot Advanced Capability“). Wahrscheinlich werden sich alle drei Bündnispartner an dem Einsatz beteiligen.

Mit der PAC-3-Version können sowohl Flugzeuge als auch anfliegende Raketen bekämpft werden. Flugzeugbauer Boeing liefert Teile für das Abwehrsystem, ebenso wie der Rüstungskonzern Lockheed Martin.

Von mobilen Abschussrampen starten bis zu vier Flugkörper, die fast vierfache Schallgeschwindigkeit erreichen.

Das Besondere an der Patriot-Technik ist die Verzahnung mehrerer Radargeräte. Erkennt das Radar eine Bedrohung, wird die Information an die mit zwei Soldaten besetzte Feuereinheit weitergeleitet. Die Flugkörper messen 5,30 Meter, wiegen 900 Kilo und haben eine Reichweite von 68 Kilometern. Ein System kann fünf Ziele zugleich ansteuern.

Das Flugabwehrraketen-System wurde ab Ende der 60er Jahre in den USA als SAM-D (Surface-To-Air Missiles, Development - Boden-Luft-Raketen) entwickelt und seit 1982 in den USA eingesetzt. Die Bundeswehr verfügt seit 1989 über „Patriot”-Raketen.

Die Luftwaffe verfügt über 24 einsetzbare „Patriot”-Feuereinheiten. Pro Staffel werden bis zu 85 Soldaten zur Bedienung benötigt. Zum Einsatz werden jetzt höchstens zwei deutsche Staffeln kommen.

Diese könnten innerhalb weniger Wochen einsatzbereit sein.

Der Einsatz an der Grenze zwischen der Türkei und Syrien wäre nicht der erste in der Region. Vor der US-Invasion im Irak 2003 hatte Deutschland solche Raketen an Israel geliefert, das sich damit gegen einen möglichen Raketenbeschuss aus dem Irak wehren wollte.

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DIE DEBATTE

Die brisante Angelegenheit wird schon in dieser Woche den Bundestag beschäftigen.

Der verteidigungspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen, Omid Nouripour, sagte der „Leipziger Volkszeitung”, seine Fraktion habe für Donnerstag je eine Sondersitzung der Bundestagsausschüsse für Verteidigung und Auswärtiges beantragt.

Man erwarte sich eine „rückhaltlose Aufklärung” der militärischen und politischen Überlegungen der Bundesregierung, meinte Nouripoujr.

Rechtlich unklar ist noch, ob der Bundestag einem solchen Einsatz ein Mandat erteilen muss. Das Bundesverteidigungsministerium geht bislang davon aus.

Die SPD warnt vor einer übereilten Entsendung deutscher Soldaten an die türkisch-syrische Grenze. Die Sozialdemokraten verlangen vor einem möglichen Einsatz ein Bundestagsmandat, die Grünen fordern gar ein UN-Mandat.

„Die Türkei hat als NATO-Partner Anspruch auf Unterstützung, wenn ihr Staatsgebiet und seine Menschen angegriffen und ernsthaft bedroht sind. Ob das der Fall ist, darf in der hochgefährlichen Lage im Nahen und Mittleren Osten nicht leichtfertig entschieden werden”, sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier im BILD-Interview.

Zuletzt hatten syrische Kampfflugzeuge hatten in der zurückliegenden Woche die von Rebellen beherrschte Stadt Ras al-Ain nahe der Grenze zur Türkei beschossen. Die Einschläge erschütterten auch Gebäude in der türkischen Nachbarstadt Ceylanpinar. Kurz nach dem Angriff waren auch auf türkischer Seite Kampfflugzeuge aufgestiegen.

SYRISCHES OPPOSITIONSBÜNDNIS VON EU ANERKANNT

Nach Frankreich, Italien und der Türkei hat auch die EU die syrische Nationalkoalition als legitime Vertretung des Landes anerkannt.

Bei ihrem Treffen am Montag in Brüssel sicherten die EU-Außenminister dem neu gegründeten Oppositionsbündnis zwar keinen offiziellen diplomatischen Status als Vertreter Syriens zu, da dies nur von den einzelnen Mitgliedsländern beschlossen werden kann. Doch die Gruppe erhielt durch die Unterstützung aus Brüssel rund eine Woche nach ihrer Gründung Rückendeckung durch die Europäer.

„Die EU sieht sie als legitime Vertreter der Erwartungen des syrischen Volkes an”, hieß es in einer nach dem Treffen der EU-Außenminister veröffentlichten Erklärung.

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